Wiesen- und Weidelandschaft im Lutterbecken Ende der 70iger Jahre. Diese Landschaft ist fast vollständig verschwunden. Heute wird dort auf grossen Flächen insbesondere Mais angebaut.(Zum Vergrössern auf das Bild klicken)Wiesen- und Weidelandschaft im Lutterbecken Ende der 70iger Jahre. Diese Landschaft ist fast vollständig verschwunden. Heute wird dort auf grossen Flächen insbesondere Mais angebaut.
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Fakt ist doch: Naturschützer war von denen auch keiner. Waren die Wiesen zu nass, konnten sie nur einmal im Herbst gemäht und die Einstreu für das Vieh verwendet werden. Bunte, artenreiche ->Feuchtwiesen entstanden auf diese Weise. Waren die Wiesen zu trocken und mager, kamen Schafe drauf und es entwickelten sich die heute so gefährdeten ->Magerrasen. Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen.
Solche Flächen trockenzulegen oder umzupflügen war damals ohne den heutigen Maschinenpark in der Regel viel zu aufwendig. Die ->Äcker waren bunt, weil es keine Herbizide und Kunstdünger gab; nicht etwa weil der Bauer Blumenliebhaber war. Viele Landwirte in ertragsschwachen Regionen mit schlechten Böden nagten damals am Hungertuch. Gerade dort aber sind nach heutigen Vorstellungen die schönsten Kulturlandschaften entstanden. Hinzu kommt, dass die Versorgung der Bevölkerung aus der Region erfolgen musste. Ein Hausgarten war Pflicht und die Obstwiese unerlässlich. Das was beim Vieh hinten raus kam, wurde anschliessend auf den Acker wieder ausgebracht.
Heutzutage sind diese regionalen, umweltschonenden Kreisläufe entkoppelt. Es ist nicht mehr nötig, in der Landschaft alle Ressourcen vorzuhalten. Das Obst kommt aus Neuseeland, das Gemüse aus Spanien und Holland, der Schafkäse aus Griechenland, der Viehzüchter kauft Soja aus Brasilien und muss die Gülle in der Landschaft verklappen, der Getreide- Raps- oder Maisbauer braucht hingegen Kunstdünger, um seinen Ertrag zu sichern. Unser Wasser kommt nicht mehr aus regionalen Brunnen, sondern über Fernleitungen aus den Mittelgebirgen.
Das erste, was in der Landschaft verschwand, waren z.B. die ->Streuobstwiesen. Früher hatte jedes Dorf, jede Stadt einen Gürtel aus Gärten und Obstwiesen. Heutzutage gehen die meisten zu Aldi, Lidl und Co. und können sich mit allem eindecken, was weltweit produziert wird.
Wirtschaftlich wertlos geworden:Alte, artenreiche Streuobstwiesen fielen (und fallen) dem Kahlschlag zum OpferWirtschaftlich wertlos geworden:
Alte, artenreiche Streuobstwiesen fielen (und fallen) dem Kahlschlag zum Opfer
Die Folge davon ist, dass die Landschaft frei wird, um in grossem Masstab neu geordnet zu werden. Mithilfe moderner Maschinen ist es möglich, mit wenig menschlichen Arbeitsaufwand ganze Landstriche zu bearbeiten. Wo früher ein halbes Dorf mit auf das Feld musste, erledigt das heute ein Bauer in ein paar Stunden. Spezialisierung und Ertragseffizienz werden in einem nie gekannten Maße möglich und durch die Globalisierung mit ihrer internationalen Marktkonkurrenz für den einzelnen Landwirt zum Überleben wohl auch nötig. Umwelt- und Naturschutz spielen in diesem ökonomischen System keine Rolle; sie wirken ertragsmindernd.
Die Landwirtschaft und somit die Landschaft wird im Sinne einer Fabrikhalle organisiert. Alle nichteffizienten Elemente der Landschaft werden eleminiert oder optimiert. Auch auf die Bedürfnisse der Menschen in dieser Fabrikhalle braucht nur noch wenig Rücksicht genommen zu werden, da sie zwar in ihr wohnen und arbeiten, nicht aber mehr direkt von ihr leben müssen. Die Kosten der unabsehbaren ökologischen Folgen werden auf die Allgemeinheit umgelegt.
Die Auswirkungen auf den Naturhaushalt sind gravierend. Boden, Luft und Grundwasser werden zunehmend belastet. Zur Zeit findet -von den meisten unbemerkt- in der offenen Landschaft ein Artensterben in nie gekanntem Ausmaß statt. Bei den grösseren Arten wie Feldhase, Rebhuhn, Kiebitz, Feldlerche oder den Schmetterlingen ist es noch offensichtlich. Was aber ist mit den Arten, welche nicht so sichtbar sind und für gesunde Böden, sauberes Wasser oder gar die Bestäubung der Pflanzen sorgen? Nichts genaues weiss man nicht und hoffentlich erleben wir nicht irgendwann eine böse Überraschung. In den USA hat sich ein neuer Geschäftszweig entwickelt. Dort werden Bienen durch die riesigen, ausgeräumten Landstriche gekarrt, um gegen harte Dollars die Pflanzen zu bestäuben, da die ursprüngliche Insektenwelt weitestgehend vernichtet wurde. Ähnliches passiert in manchen chinesischen Regionen, wo Heerscharen von Arbeitern die Blüten der Obstbäume einzeln mit der Hand befruchten, da es keine Bienen, Hummeln oder andere Bestäuber mehr gibt.
Wir plädieren aus diesen Gründen für eine Landwirtschaft, welche sowohl in vertretbarem Maße intensiv als auch in vernetzten Strukturen extensiv wirtschaftet. Da die Landwirte sowieso am Subventionstopf der EU hängen, müssten von dort mehr finanzielle Anreize dafür kommen. Das Geld dafür stammt letztendlich von uns allen. Aber: Globalisierung, Konkurrenz von Nahrungs- und Energiepflanzenanbau, immer mehr Landschaftsverbrauch durch Gewerbegebiete, Strassen und andere Bauten sowie unser Dogma vom ewigem Wachstum (trotz endlicher Fläche mit endlichen Ressourcen!) werden das für die nächste Zukunft sicher unmöglich machen.
So bleibt es hauptsächlich dem ehrenamtlichen und amtlichen Naturschutz überlassen, die letzten Reste unserer „alten", weil funktionierenden Kulturlandschaft für die Zukunft zu bewahren. All dies passiert in der Hoffnung, dass sich irgendwann die Einsicht durchsetzt, nur in einer gesunden, abwechslungs- und artenreichen Umwelt leben und überleben zu können.

 

Die Landschaft verliert ihre Vielfalt

Nichts besonderes, es fällt kaum auf: Allerdings passierte und passiert dies bei uns ganz in der Nähe; Jahr für Jahr, Tag für Tag, manchmal selbst im eigenen oder des Nachbars Garten. Hochgerechnet auf die Bundesrepublik lässt sich anhand dieser kleinen Mosaiksteinchen vielleicht der wahre Verlust für die Kulturlandschaft begreifen.Eine bunte Feuchtwiese (um 1980), von denen es in den Niederungen bei uns viele gab ....Eine bunte Feuchtwiese (um 1980), von denen es in den Niederungen bei uns viele gab ....

 

 ... musste der Intensivierung weichen.Fast alle dieser Feuchtbiotope sind auf diese Weise verschwunden.... musste der Intensivierung weichen.
Fast alle dieser Feuchtbiotope sind auf diese Weise verschwunden.

 

 

Ein artenreicher Halbtrockenrasen um 1990 ...Ein artenreicher Halbtrockenrasen um 1990 ...

... existiert heute nicht mehr.Viele hundert Arten, einige davon stark bedroht,haben mit dem Verschwinden dieses Biotops ihren Lebenraum verloren.... existiert heute nicht mehr.
Viele hundert Arten, einige davon stark bedroht,
haben mit dem Verschwinden dieses Biotops ihren Lebenraum verloren.

Nicht nur die Arten und mit ihnen die bis dahin funktionierenden Kreisläufe verschwinden, sondern auch der Mensch verliert etwas, was seiner Seele gut tut. Bei uns in Deutschland geschieht das in der Regel nicht mehr mit der Holzhammermethode, so wie z.B. in den Tropen. Es passiert -allen Naturschutzgesetzen zum trotz- still, leise und schleichend. Am Ende aber ist die Landschaft ausgeräumt. Diese kleinen Veränderungen,welche in ihrer Summe gravierende Ausmasse angenommen haben, bemerkt man oft nur, wenn man seine Aufmerksamkeit über Jahre auf einen Punkt der Landschaft fixiert.

 

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